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„Belächelt werden, das wäre ja harmlos gewesen.“

Wie haben Frauen im Brennpunkt und du zueinander gefunden?

Wir waren irgendwie von Anfang an beieinander. (lacht) Ich habe gemeinsam mit Hadwig Seidl beim Arbeitskreis für Emanzipation und Partnerschaft (AEP) gearbeitet, so haben wir uns kennengelernt. Anfang der 80er Jahre wurde sie vom damaligen Leiter des BFI eingeladen, ein Tagesmütterprojekt professionell aufzubauen. Und so hat alles angefangen, auf dieser Basis wurde Frauen im Brennpunkt gegründet.

Ich bin dann später zum AMS Tirol gekommen – damals hieß es noch Arbeitsmarktverwaltung. Dort wurde ich Frauenreferentin. Da saßen dann Frauen* bei mir, die mir erzählt haben, dass ihr Berater sagt, es gäbe keine passenden Jobs für sie. Die Weiterbildungen waren meistens schwer erreichbar und gingen von früh bis spät. Da gab es keinerlei Verständnis für die Situation der Frauen, die Kinder hatten. Ich habe es damals als meine erste Aufgabe gesehen, für Frauen Beruf und Familie leichter vereinbar zu machen – und da kam die Kinderbetreuung ins Spiel, hier hat Frauen im Brennpunkt Maßnahmen angeboten, die wir unterstützen konnten. Als zweites wichtiges Standbein haben wir die Beratung von Frauen gesehen, um ihnen den Weg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Auch hier hat Frauen im Brennpunkt mit der schon vorhandenen Expertise ein Konzept eingebracht, das wir umsetzen wollten – so ist 1990 zuerst in Innsbruck die Frauenberatungsstelle entstanden, 2011 dann eine weitere in Schwaz und ab 2013 wurden daraus sukzessive die FrauenBerufsZentren in allen Tiroler Bezirken.

Wie hat sich Frauen im Brennpunkt in den 35 Jahren ihres Bestehens aus deiner Sicht entwickelt?

Sehr organisch, finde ich. Ich habe die Organisation ja sehr lange aus der Perspektive des AMS begleiten können. In den letzten Jahren ist sie dabei besonders schnell gewachsen. Die Basis ist über die ganze Zeit hinweg dieselbe geblieben – Frauenberatung, Kinderbetreuung, Gleichstellung, das sind die wesentlichen Themen.

War es für dich immer klar, dass du beruflich etwas frauenpolitisches machen willst?

Das Thema war für mich früh wichtig, aber als Beruf gab es das ja früher auch gar nicht! Der AEP ist eigentlich die Mutter für ganz viele Frauenorganisationen in Tirol – die Frauenhaus-Initiative, Frauen gegen Vergewaltigung, und eben irgendwie auch Frauen im Brennpunkt. Damit ging es erst richtig los. Dort wurde mein Selbstverständnis als Frau geschärft. Dort habe ich verstanden: das hat etwas mit meinem Leben zu tun. Über den AEP habe ich außerdem die Johanna Dohnal kennengelernt.

Hast du oft Widerstände gegen deine frauenpolitische Arbeit erlebt?

Als wir die Tätigkeit der Tagesmutter zum Beruf gemacht haben, sind wir oft auf blankes Unverständnis gestoßen. Dass es sich dabei um eine hochkomplexe Tätigkeit handelt, bei der man die eigene Mutterkompetenz einbringen muss und zusätzlich mit Eltern und deren Vorstellungen kooperieren und sehr gut kommunizieren können muss, das mussten wir zuerst einmal vermitteln.

Die Frauenberatungsstelle ist auch nur schwer angelaufen, weil auch bei den Frauen selbst das Verständnis gefehlt hat, wozu es das braucht. Dabei ist es für eine Frau, die Kinder hat, viel komplizierter, wieder ins Berufsleben zurückzukehren. Dafür ist in einer normalen AMS-Beratung gar kein Platz. Aber das wurde lange nicht verstanden.

Belächelt werden, das wäre ja harmlos gewesen. Es gab wirklich massiven Widerstand. Ich habe Kämpfe durchgestanden, über die ich mich heute sehr wundere, dass ich das ausgehalten habe. Das war teilweise Mobbing pur, jahrelang. Weil wir uns für Frauen eingesetzt haben. Ich glaube, auf viele wirkten wir Feministinnen ernsthaft bedrohlich.

Auch was Johanna Dohnal aushalten musste, das ist ein Wahnsinn. Darum habe ich sie auch so gut verstanden. Als Frauenreferentinnen aus den Bundesländern waren wir damals oft bei ihr und haben gemeinsam einige Aktionen gestartet. Ihre große Stärke war es, hinauszugehen und den Dialog mit den Frauen zu suchen. Sie hat die Frauen gefragt, was sich ändern muss.

Auch Frauen* im Brennpunkt hat sich verändert, ist mit der Zeit gewachsen und hat nun im Jahr 2021 den Stern im Logo und im Namen ergänzt. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Wir haben in meiner aktiven Zeit ungefähr 10 Jahre gebraucht, um das Binnen-I zu etablieren. Ich habe viele Diskussionen dazu geführt, das nahm gar kein Ende. Heute gibt es nun ein neues Thema, nämlich dass es mehr als Männer und Frauen gibt, was im Binnen-I nicht abgebildet wird, dort sind nur zwei soziale Geschlechter abgebildet. Dann sind Vorschläge wie der Stern und der Doppelpunkt aufgekommen, auch innerhalb unserer Organisation. Ich gebe zu, ich fand das zuerst etwas irritierend, aber mehr aufgrund der Fülle an Optionen und Schreibweisen, nicht aufgrund der Aussage dahinter.

Es ist wichtig, dass wir alle Personen ansprechen, die sich als Frauen* verstehen, und dass wir die Vielfalt sichtbar machen, die Frauen* auszeichnet. Darum verwenden wir ab sofort den Stern für den Begriff Frauen* und im Fließtext, wenn die Bandbreite der Geschlechter gemeint ist, den Doppelpunkt. Jetzt hoffe ich einfach, dass diese Schreibweise sich allgemein durchsetzt und etabliert, damit alle sich daran gewöhnen, Texte in dieser Form zu lesen! (lacht) In Tirol ist Frauen* im Brennpunkt meines Wissens nach jedenfalls die erste Organisation, die diesen Schritt setzt.

Diskussionen anzustoßen finde ich immer wichtig. Denn Diskutieren ist eine Form von Tun, und eine Demokratie braucht den Diskurs in jeder Phase, um weiterzukommen.

Oktober 2021

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