„Frauen* vernetzen sich anders als Männer*“
In dieser Frauen*stimme beleuchten wir das Thema Netzwerken. Weil Netzwerke aus Vielen bestehen, kommen diesmal mehrere Frauen* zu Wort. Sie erzählen uns, wie sie Netzwerke beruflich und privat nutzen und welche Bedeutung sie speziell für Frauen* haben.

Silke, Katarina und Siliva: Netzwerk bedeutet Austausch, Teilen von Ideen und gemeinsames Auftreten
Wir – Silke, Katarina und Silvia– leiten seit neun Jahren gemeinsam die Bildungs- und Beratungseinrichtung Frauen aus allen Ländern. Unsere Einrichtung bietet Frauen* mit Migrations- oder Fluchthintergrund Bildungs- und Beratungsangebote, immer mit kostenloser Kinderbetreuung. Das ermöglicht vielen überhaupt erst, Beratung und Bildung wahrzunehmen.
In unserer Arbeit sind wir in viele Netzwerke eingebettet. Wir sehen die Bereicherung, sich über Schwierigkeiten und Herausforderungen auszutauschen, voneinander zu lernen und sich gegenseitig unterstützen zu können. Viele Hürden, die wir als Einrichtung erleben, kennen auch andere. Es ist wichtig zu sehen: Wir sind nicht allein.
Netzwerke sind auch dazu da, für die Anliegen unserer Zielgruppe ein- und aufzutreten. Wir können gemeinsam Anliegen an die Öffentlichkeit bringen, haben mehr Gewicht und bei sensiblen Themen machen sich einzelne Einrichtungen bzw. Personen weniger angreifbar.
Ohne soziale Netzwerke ist es schwierig
Gleichzeitig zeigt uns die Arbeit mit Frauen*, die nach Österreich migriert und geflüchtet sind, wie schwierig der Alltag ohne soziale Netzwerke ist: Fragen der Kinderbetreuung, Überlastung, der psychischen Gesundheit, Berufstätigkeit etc. sind ohne soziale Netzwerke viel herausfordernder.
Für Frauen* mit Kinderbetreuungspflichten ist es viel schwieriger, an regelmäßigen Treffen teilzunehmen und sich auch informell zu vernetzen. Zeit und Ressourcen spielen eine große Rolle. Gleichzeitig erleben wir, dass Netzwerke von Frauen* oft besonders gut strukturiert und zielgerichtet sind.
Wie kann Netzwerkarbeit funktionieren?
Frauen*Netzwerke sind anders als die von Männern*. Die Erwartung eines solidarischen Miteinanders ist bei Frauen* unseres Erachtens höher. Frau* in einer patriarchal strukturierten Gesellschaft zu sein schafft oft eine besondere Verbundenheit, die in der Netzwerkarbeit spürbar ist.
Unser Tipp für eine gelungene Netzwerkarbeit: Offenheit, Vertrauen und Solidarität sind wichtige Voraussetzungen, um durch Netzwerke gestärkt zu sein. Struktur, Effizienz, Lösungsorientiertheit machen Netzwerke wirkungsvoller. Unser dreiköpfiger Leitungskreis ist so ein Beispiel für ein gelungenes Netzwerk.
Stefanie: Netzwerke als Banden verstehen
Seit 9 Jahren arbeite ich beim AEP (Arbeitskreis Emanzipation und Partnerschaft). Die Vernetzung mit unterschiedlichen Akteur:innen ist für meine Arbeit ganz wesentlich. Als Sozialarbeiterin bei iBUS – Innsbrucker Beratung und Unterstützung für Sexarbeiter:innen konnte ich erfahren, wie wichtig der Austausch etwa mit Polizei und Politik ist. Ohne diesen Austausch könnten wir unsere Klient:innen gar nicht so gut begleiten.
Auch als Koordinatorin des Bildungsbereichs im AEP hat mir Netzwerkarbeit enorm geholfen, etwa, wenn es darum geht, mich im Dschungel der Förderlandschaft zurechtzufinden. Wenn Schwierigkeiten auftauchen, stehen wir uns solidarisch bei. Diese Vernetzung hilft mir nicht nur beruflich, sondern auch privat: Wir tauschen uns auch abseits der Arbeit aus und unterstützen uns gegenseitig.
Verbindung statt Konkurrenz
Ich bin überzeugt, dass Frauen* anders netzwerken als Männer*. Sie schaffen Verbindungen, die auf Vertrauen und gegenseitiger Unterstützung beruhen, nicht auf Konkurrenz. Frauen* brauchen Netzwerke, die keine Kopien alter „Gentlemen’s Clubs“ sind, sondern eher wie Banden fungieren. Denn nach wie vor müssen wir uns echte Gleichstellung erkämpfen.
Deshalb ist es so wichtig, dass Frauen* sich nicht als Konkurrentinnen sehen, sondern als Verbündete.
Mein Wunsch für die Zukunft: Ich wünsche mir, dass Frauen* Netzwerke selbstverständlich nutzen. Dass wir einander Raum geben, Wissen teilen und auch dann füreinander da sind, wenn es schwierig wird. Das macht uns alle stärker.
September 2025